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Rezension: Peter J. König: Mensch, Adolf Das Hitler-Bild der Deutschen seit 1945 Ansichten eines Zeitgenossen Rolf Rietzler C. Bertelsmann

Der Journalist und ehemalige Spiegel-Redakteur Rolf Rietzler hat hier mit seinem neuesten Werk "Mensch, Adolf" sehr intensiv und aufschlussreich beleuchtet, wie Adolf Hitler der Reichskanzler des Dritten Reiches in der Nachkriegs-Ära nach dessen Tod 1945 in seiner Gesamtheit wahrgenommen wurde. 

Dabei geht es Rolf Rietzler, der 20 Jahre lang beim "Spiegel" für das Serien-Ressort zuständig war, mit seinem Spezial-Gebiet Zeitgeschichte darum, endlich mit der weit verbreiteten Mär aufzuräumen, als sei der "Führer" ganz allein für alle Gräueltaten verantwortlich, die während der Zeit des National-Sozialismus von 1933 bis 1945 begangen worden sind. 

Bis in die Gegenwart wird ohne Unterlass und mit nie nachlassender Überzeugung über die gesamte Bannbreite von Forschung, Lehre und Publikation inbrünstig erklärt, dass nur die Nazis das verbrochen haben, was als die dunkelste Stunde der Deutschen gilt, und dass das deutsche Volk mit alledem nicht einverstanden war, die Menschen sich allein der Diktatur beugen mussten. 

Und an dieser Legende haben alle gestrickt nach 1945, diejenige die aktiv an dem Nazi-Regime beteiligt waren, so Speer, dem von Hitler geschätzten Baumeister seiner Prachtbauten und Rüstungsminister, die Vielzahl von ehemaligen Propaganda-Journalisten, die nach 1945 mit ihren Publikationsorganen wie Augstein mit dem Spiegel und Nannen mit dem Stern die Geschichte des "Dritten Reichs" in ihrem Sinn und ihrem Verständnis darzustellen versuchten. 

Generäle haben ihre Verantwortung und ihr Versagen in Hinblick auf Despotie und Kriegstreiberei ebenso bei Adolf Hitler abgeladen, wie die Diplomatie, hier sei der Staatssekretär im Außenministerium von Weizäcker, der Vater des späteren Bundespräsidenten genannt. Sie alle haben in der Nachkriegszeit mit einer Vielzahl von Büchern, Artikel und sonstigen Veröffentlichungen versucht, die Verschleierung ihrer Mitschuld an diesem verbrecherischen Regime kundzutun. 

Ganze Heerscharen von anerkannten Historikern sind seit jeher bemüht, Geschichts-Klitterung zu betreiben, wenn es darum geht, die Deutschen reinzuwaschen oder ihnen nur ein nachrangiges Mitverschulden zu attestieren. 

Hitler, dieser Dämon, ist an allem Schuld, so lautet die Devise. Gleichzeitig aber ist er der ungekrönte Medienstar, mit dem bis heute durch Film, Fernsehen und unzählige Magazine große Kasse gemacht wird. Der Autor Rolf Rietzler selbst durch seine eigene Familie mit dem Unwesen des Dritten Reiches verbunden, sein Vater war Mitglied bei der SS und als Polizeiangehöriger im Osten zugange, hat anhand unzähliger Nachweise aufgezeigt, welche weitere Treue und Verbundenheit zur Ideologie der Nazis von so vielen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in der jungen Bundesrepublik, bewusst oder unbewusst bestanden hat, wenn versuchte wurde zu relativieren und eine persönliche Schuld auf ein Minimum zu reduzieren. 

Die Einen haben sich hinter ihrem Offiziers-Eid versteckt, die Zivilisten waren jung und wollten Karriere im System machen, entweder aus Überzeugung oder aber als Mitläufer, um nicht aufzufallen. Dass mit der dubiosen Entnazifizierung nicht sofort demokratischer Geist in die Köpfe von alle jenen eingezogen ist, war auch nicht zu erwarten. 

Dass es aber noch Jahrzehnte gedauert hat, bis die national-sozialistische Kopfgeburt mit all ihren verheerenden Folgen tatsächlich im Großen und Ganzen überwunden war, zeigt wie tiefgreifend diese Gehirnwäsche eingedrungen ist. 

Bis zum heutigen Tag in die übernächste Generation hinein sind die Folgen zu spüren, wenn z.B. die über Achtzigjährigen, die ihre Schulzeit bei fanatisierten Lehrern absolviert haben, im Zustand ihres langsamen Dahindämmerns, Parolen verkünden, die sie einst in ihrer Schulzeit in die Köpfe geklopft bekamen. Rolf Rietzlers Buch "Mensch, Adolf" dient dazu alle diese Facetten des Hitler-Bildes der Deutschen nach 1945 akribisch aufzuzeigen. 

Dass dabei eine endlose Recherche notwendig war, nicht nur um die Erkenntnisse zu erarbeiten, sondern in erster Linie diese anhand bekannter Dokumente zu belegen, versteht sich von selbst, wenn man erfährt, wie die deutschen Eliten im Nachkriegs-Deutschland getrickst haben und heute noch tricksen. 

Eine einzige Verirrung in seichtes Wasser, eine nicht belegbare Behauptung und der Autor Rolf Rietzler stirbt den Medientod. Bei dieser Drohkulisse ist es umso mutiger, dass Rietzler dieses Projekt angegangen ist. Es ist ihm wohl auch ein ganz familiäres Bedürfnis hier Aufklärung zu schaffen, wenn er die Art und Weise wie seine Eltern und Verwandten mit dem National-Sozialismus umgegangen sind in seinem Buch darstellt. 

Bei der vorliegenden Datenfülle hätte es nahe liegen können, dass "Mensch, Adolf" in ein dröges Aufklärungs-Buch abgeglitten wäre. Dem ist beileibe nicht so. Der Autor hat mit seinem ureigenen, humorigen Hintersinn es verstanden, auf informative und ironische Weise diese schwere Kost dem interessierten Leser nahe zu bringen. So macht Geschichts-Erleben neugierig und ist interessant, gerade wenn es sich dabei um die hintertriebene und mangelnde Aufklärung der Nazizeit nach 1945 handelt. 

Sofern man das Buch von Rolf Rietzler aufmerksam gelesen hat, ist klar, dass wir erst am Anfang der tatsächlichen Aufarbeitung unserer schlimmsten Geschichte und deren Nachwirkungen stehen. Es sind Autoren wie Rolf Rietzler, die beginnen, endlich mit den Verschleierungen und dem Geschäftemachen um Adolf Hitler und seiner braunen Pest aufzuräumen. Ob dies jemals ganz gelingen wird, sei dahingestellt. 

Auf jeden Fall ist "Mensch, Adolf" von Rolf Rietzler ein sehr lesenswertes Buch, das mit dem selbstgestrickten Exkulpations-Getöse einer ganzen Nachkriegs-Generation endlich aufräumt. 

Sehr empfehlenswert 

Peter J. König

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