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Rezension Peter J. König: DIE LOGIK DER WAFFEN- Ulrich Tilgner

Wenn man das neue Buch von Ulrich Tilgner „Die Logik der Waffen“ gelesen hat, bleibt zunächst Verwirrung zurück, Verwirrung deshalb weil die Darstellung der Politik des Westens, speziell der Amerikaner durch die Meldungen, die wir fast täglich von offizieller Regierungsseite zu hören bekommen, so gar nichts mit der profunden Wahrnehmung dieses kenntnisreichen Journalisten zu tun hat. Glaubt man den amerikanischen Pressemitteilungen, dann ist ihre Politik in dem letzten Jahrzehnt erfolgreich verlaufen, dann wird ihr Kampf gegen den Terror bald ein befriedigendes Ende finden.

Mit dem baldigen Abzug der militärischen Truppen aus Afghanistan hat die Auseinandersetzung zwischen der westlichen Welt und dem islamistischen Terror der Taliban ein Ende gefunden, mit der Folge, dass die Afghanen eine Demokratie im klassischen Sinn selbst organisieren können und das Land eine neue politische und wirtschaftliche Stabilität hervorbringen wird, so die offizielle Lesart. Hier hat nicht nur der Autor erhebliche Zweifel.

Tilgner, ein ausgewiesener Kenner der Region, immerhin liegt sein journalistischer Focus seit über dreißig Jahren auf diesem Gebiet, da er für das Schweizer Fernsehen und das ZDF als Korrespondent dort gearbeitet hat und immer noch arbeitet, weiß in seinem Buch anderes zu berichten. Ein wesentlicher Verdienst dieses Buches liegt darin, dass der Autor auf Grund seiner unermüdlichen Recherche, die nicht in den Restaurants und Bars der großen Mediensammelpunkte, also den internationalen Hotels in Kabul, Bagdad, Teheran, Tripolis oder Damaskus stattgefunden hat, sondern ihn in die entlegensten Winkel zu den Einheimischen in diesen Ländern führte, um vor Ort nach den Ursachen zu forschen und dabei feststellen musste, dass die Wirklichkeit eine ganz andere ist. Dazu gehört Mut und eine gehörige Portion Selbstvertrauen, denn der Autor hat sich dabei auf gefährlichem Terrain bewegt.

Detailliert zeigt Ulrich Tilgner auf, wie sich mit den Jahren die militärische Strategie aber auch das finanzielle Engagement der westlichen Staaten in diesen Konfliktherden verändert hat, im Irak, in Afghanistan, in Libyen, praktisch in der gesamten Region. Am Beispiel des Iran wird deutlich, welcher Wandel die moderne Kriegsführung erlebt. Hat man den Irak noch konventionell angegriffen, so werden jetzt mittels des Internets Atomfabriken lahm gelegt. Im Jemen, in Pakistan und in Afghanistan ersetzen Drohnen, also unbemannte Flugkörper, die Aufgabe von Spionage- und Kampfflugzeugen. Alles dieses vermittelt das Buch en Detail und stellt erkennbar die großen Zusammenhänge her.

Wenn man liest, mit welchen Summen von Hunderten von Milliarden Dollar Afghanistan zugeschüttet worden ist, aber nur geringere Teile dieses Geldes zum Aufbau des Landes verwendet worden sind, weil der andere Teil in die korrupten Hände der politischen Eliten des Landes geflossen sind oder aber von der ausufernden Kriegsmaschinerie aufgefressen worden ist, dann können dem Leser massive Zweifel über den Sinn all dieser Aktionen kommen. Zudem muss man in diesem Zusammenhang nach dem Sinn westlicher Politik fragen.

Die wohl brisanteste Thematik, der sich der Autor annimmt, ist die Rolle Saudi-Arabiens, dem autoritären, islamischen Königreich auf der arabischen Halbinsel, mit großem Einfluss und superreich durch seine Ölvorkommen. Welche absurden Handlungsmuster dabei abgehen, wenn die Saudis die Taliban und andere Terrororganisationen mit Waffen unterstützen, die von den westlichen Staaten geliefert, anschließend von dem eigenen Militärbündnis besiegt werden soll, ist mit normaler Logik nicht mehr zu begreifen. Hier gibt das Buch die nötigen Informationen, es vermittelt auch bestens welche verschiedenen Machtinteressen in der Region aufeinander prallen, zumal nicht nur die Amerikaner sondern auch Russen und Chinesen größtes politisches Interesse am Orient haben.

An einer funktionierenden Demokratie ist den Potentaten am Persischen Golf und darüber hinaus überhaupt nicht gelegen, es wäre das Ende ihrer Macht. Was sie alles für diesen Machterhalt unternehmen, wird genau beschrieben. Im Einzelnen untersucht der Autor die Aufstände in Ägypten, Tunesien und im Jemen. Am Bürgerkrieg in Syrien wird deutlich wie explosiv die Lage im Nahen Osten ist. Mit der Arabellion sind die arabischen Staaten destabilisiert worden, die Folgen bisher nicht absehbar.

Ulrich Tilgner versteht es dem Leser eine aufhellende Analyse zu vermitteln und erlaubt abseits der offiziellen Darstellungen, die Zusammenhänge zu erkennen, um sich ein wirkliches Bild der Lage zu machen. Wer wissen möchte, was am östlichen Rand von Europa tatsächlich sich entwickelt hat und welche Schlüsse daraus zu ziehen sind, kommt an dem Buch „Die Logik der Waffen- Westliche Politik im Orient“ nicht vorbei.

Besonders empfehlenswert

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Rezension:100 Persönlichkeiten, die Geschichte schrieben (Gebundene Ausgabe)

Dieses bemerkenswerte reich bebilderte, sehr informative Werk, in dem 100 Persönlichkeiten aus der Renaissance vorgestellt werden, wurde seitens des Professors Dr. Robert C. Davis und der Autorin Beth Lindmith auf den Weg gebracht.

Die Textportraits sind sieben Kapiteln zugeordnet:
Alte Traditionen und neue Ideen (1400-1450)
Friedliche Zeiten in Europa (1450-1475)
Die Geburt der Nation (1470-1495)
Weltbewegende Veränderungen (1490-1515)
Zusammenbruch der alten Ordnung (1510-1535)
Die neue Manier (1530-1550)
Die Moderne wird entworfen (1550-1600)

Diesen Kapiteln ist eine drei Seiten umfassende Einleitung mit dem Titel "Die Gesichter der Renaissance" vorangestellt. Hier erfährt man, dass das Ziel des Buches darin besteht, die Bandbreite der Erfahrungen in der Renaissance aufgrund des Lebens und der Arbeit von Einzelpersonen zu dokumentieren. Nicht nur allseits bekannte Persönlichkeiten wie Leonardo da Vinci, Christoph Kolumbus, Jakob Fugger, Niccoló Machiavelli, Albrecht Dürer, Nicolaus Kopernikus, Michelangelo Buonarroti, Raffael, Thomas Morus, Martin Luther, Johannes Calvin oder Teresa Avila kommen zur Sprache, sondern auch nicht ganz so bekannte Leute findet man im Rahmen dieser 100 Individuen, die gemeinsam mit Tausenden von Menschen, die mehr oder weniger verborgen lebten und arbeiteten, alle auf ihre Art und Weise die kulturelle Wiedergeburt verkörperten, die sie vorantrieben, oder mit der sie in Konflikt gerieten, (vgl.: S.10).

 Die Kapitel beginnen jeweils mit einer Zeitbeschreibung und so erfährt man, dass im 14. Jahrhundert sich die Intellektuellen in weiten Teilen Norditaliens mit der Wiederentdeckung des eigenen klassischen Erbes befassten. Die Leidenschaft für ihre klassischen Wurzeln breitete sich über die Kreise der Gelehrten aus, so dass ab dem späten 14. Jahrhundert die Italiener sehr bewusst mit ihrer klassischen Vergangenheit umgingen und sich dann auch dem Altgriechischen zuzuwendeten. Aufgrund des Interesses an der Sprache, erschlossen sich italienische Gelehrte und Liebhaber antiker Schriftzeugnisse die ganze Welt der Antike, (vgl.: S.15) und so kam es zu der Wiedergeburt der antiken Kultur auf dem gesamten europäischen Kontinent.

Leider ist es nicht möglich auf die einzelnen Persönlichkeitsporträts im Rahmen dieser Rezension einzugehen, was ich sehr bedauere. Über die Frau, die als erste weibliche Person mit dem Schreiben ihren Lebensunterhalt verdiente, die Dame hieß übrigens Christine de Pizan, habe ich vor einigen Jahren ein Buch gelesen und finde, dass das dreiseitige Porträt sehr gut gelungen ist. Auch über Leonardo Bruni wird man gut unterrichtet, der sich intensiv mit den antiken griechischen Denkern auseinandersetzt und u.a. zahlreiche moralische Schriften verfasste. Dem Vorreiter des Protestantismus Jan Hus folgt der begnadete Florentiner Architekt Filippo Brunelleschi und auch Cosimo dé Medici, der es mied seinen Reichtum zur Schau zu stellen, was in einer Zeit, in der italienische Fürsten unter enormer Prachtentfaltung und keineswegs selten mit offenem Terror Politik betrieben, eher ungewöhnlich war, (vgl.: S. 38).

Durch die Erfindung des Buchdrucks wurde die Ausbreitung des Renaissancegedankens ab 1455 etwa beschleunigt und trug erheblich zur Alphabetisierung der Bevölkerung damals bei. Man liest u.a. von Leon Battista Alberti, der Verkörperung des Renaissancemenschen, der Architekt, Linguist, Kryptograf, Autor von Dutzenden von Abhandlungen, Theaterstücken und Gedichten war, (vgl.: S.63), aber auch von Heinrich Kramer, dem Dominikanermönch aus dem Elsass, der als Oberinquisitor in Süddeutschland als Hexenjäger sein Unwesen trieb. Er soll andere Hexenverfolger in seiner Besessenheit überflügelt haben. Man mag über Menschen wie ihn eigentlich nichts lesen, doch Menschen dieser Art wird es leider immer geben, selbst zu Zeiten kultureller Hochblüten. Es sind die Zugebretterten und Verblendeten.

 Über Aldus Manutius lese ich heute erstmals. Er war übrigens der Erfinder eines neuen Buchformates und er war der Erste, der das Zeichensystem systematisierte und den Gebrauch von Seitenzahlen einführte.

Man liest von der Vertreibung der Juden in Spanien und den weltbewegenden Veränderungen zwischen 1490-1515, auch von Girolamo Savanarola, einer ähnlich verblendeten Person wie es Heinrich Kramer war. Savanarola ist für die Vernichtung unzähliger Kunstwerke in Florenz verantwortlich. Einen Menschen, ohne Sinn für die schönen Dinge des Lebens sollte man stets mit Vorsicht begegnen.

 Gerne erwähnen möchte ich die sehr gute Beschreibung des von mir hochverehrten Jakob Fuggers und die Abbildung des Gemäldes von Dürer, das diesen klugen Kaufmann zeigt. Das Original des Werkes habe ich auf einer Ausstellung in Wetzlar gesehen und war überwältigt von der Aura dieses Mannes, die auf dem Bild sehr gut erkennbar ist.

Natürlich fehlt auch der von mir geliebte Albrecht Dürer nicht. Auch hier hat es der Autor geschafft, auf drei Seiten alle Wesentlichkeiten auf den Punkt zu bringen und so verfährt er mit vielen anderen Persönlichkeiten aus jenen Tagen, über die ich teilweise sehr gute Biografien gelesen habe und insofern meine mir ein Urteil über die Kurzbiografien erlauben zu können.

Gut, dass man Bartolomé de las Casas nicht vergessen hat, der sich sehr um die Rechte der Indianer bemühte und auch Michel de Montaigne porträtiert, von dem ich eine Auswahl der besten Essais, die im Herbst erschienen sind, soeben ausgepackt habe und nachher vor dem Einschlafen darin noch ein wenig lesen werde.

 "Menschen der Renaissance" kann man immer wieder zur Hand nehmen. Die Beschreibungen machen neugierig, mehr über die einzelnen Personen zu erfahren. In der Gesamtheit verschafft das Buch einen guten Überblick über die Geisteshaltung in jener Zeit.

Empfehlenswert.
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