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Rezension: Himmelsstürmer: Zwölf Portraits (Gebundene Ausgabe)

Der in der Schweiz lebende gebürtige Franzose Alex Campus portraitiert in diesem Buch zwölf Personen, die auf subtile Weise in Beziehung zueinander stehen. Die erste Person, der sein Augenmerk gilt, ist die Schweizerin Marie Grosholtz, die unter dem Namen Madame Tussaud heute weltberühmt ist. Jeder kennt das Wachsfigurenkabinett in London. Unter der Obhut von Doktor Curtius stellte sie zur Zeit der Französischen Revolution in Paris bereits Wachsfiguren her. Sie kannte alle Revolutionsgrößen. Will man ihren Memoiren Glauben schenken, hat sie mit Robespierre geflirtet und mit Danton gestritten. Ähnlich wie alle elf anschließend beschriebenen Personen ging sie einen interessanten aber auch zeitgleich beschwerlichen Weg und lebte ihre Träume.

Es liegt mir fern alle einzelnen Personen zu beleuchten, weil ich nicht zu viel von den Kurzbiographien preisgeben möchte, aber auf zwei will ich kurz eingehen. Die eine handelt von Jean-Paul Marat, dem von Chalotte Corday getöteten französischen Revolutionär. Er war ein gebürtiger Schweizer. Madame Tussaud kann auch ihn. Liest man das vorliegende Portrait aufmerksam, wird klar, dass jahrzehntelange intellektuelle Demütigungen ihn hatten zu dem werden lassen, wovor sich die Aristokraten ängstigten.


Vor ihm hatte keiner gewagt Ludwig XVI - Louis Capet - als einen Verräter zu bezeichnen, der geköpft werden müsse. Marat veröffentlichte diese Forderung in einer Zeitung. Eineinhalb Jahre danach wurde das Postulat in die Tat umgesetzt. Dieser Mann war gnadenlos, gleichwohl bezeichnete er sich selbst als den einzig echten Märtyrer. Nach seinem Tode wurden er und seine Mörderin von Marie in Wachs gegossen. Zwei Menschen, die durch unsägliche Verstrickung über ihren Tod hinaus aneinander gebunden bleiben.... Noch immer sind sie als Paar in aller Munde.


Von allen Portraits hat mich das der Regula Engel am meisten fasziniert. Diese Frau gebar in ihrem Leben zu Zeiten Napoleons einundzwanzig Kinder, war Offizier im Revolutionsheer Bonapartes und nahm an vielen großen Schlachten teil, so u .a . an der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813. Sie verlor in diesen fast alle ihre Kinder und verstarb verarmt im Alter von 92 Jahren in der Schweiz. Wie sind solche Biographien möglich? Geschehen Ereignisse zufällig oder lassen sie sich rational begründen, wenn man sich Lebensläufe genauer ansieht?


Es folgt Portrait auf Portrait. Der englische Dichter Lord Byron trifft in Griechenland auf den falschen Arzt und späteren Befreier der Griechen Jakob Meyer. Obschon beide für die gleiche Sache eintreten, werden sie zu Feinden. Oft sind es die Eitelkeiten, die Menschen, die gemeinsam Großes vollbringen könnten, auseinanderdividieren und es sind immer die menschlichen Abgründe, die das Unglück Dritter heraufbeschwören.

Der Wille ist der Motor, der Menschen zu Himmelsstürmern macht, die Demut ist Tugend, die Himmelstürmer davor schützt größenwahnsinnig zu werden.

Alex Capus unternimmt einen bemerkenswerten Spaziergang durch die Zeitläufe.

Ein spannendes Buch, das nachdenklich macht.

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