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Rezension:Charakter entwickeln: Ethik des Erfolgs (Gebundene Ausgabe)

In diesem Buch setzen sich die Theologen Klaus Berger und Andreas Fritsche mit Fragen der Ethik im Hinblick auf erfolgreiche Wirtschaftsführung auseinander.

Zunächst listet Klaus Berger auf, welche Faktoren blind für die Wahrnehmung der Wirklichkeit machen können und erläutert sehr gut, weshalb das so ist. Zur Sprache kommen: Ideologie, Herkunft und Gewohnheit, Autoritätsglauben, Selbsttäuschung und Eitelkeit. Berger macht aber auch klar, welche Wege zu mehr Realitätssinn führen und verdeutlicht, dass derjenige, der absulut im Jetzt lebt, auf diese Weise wachsamer ist und eine größere Chance hat auf Anzeichen und Vorzeichen zu achten, die zu Erfolg oder Misserfolg führen.

Andreas Fritsche reflektiert in der Folge den Begriff Pathos und titelt seinen disbezüglichen Beitrag nicht grundlos "Pathos darf sein", nicht zuletzt, weil Leidenschaft ein Motor ist, um Dinge in Bewegung zu bringen. Dennoch muss uns bewusst sein, dass Leidenschaften uns auch auf Abwege bringen können. Wirtschaftpsychologen arbeiten nicht selten mit Bildern und bewegten Bildern, die uns korrumpierbar machen. Der Autor resümiert, dass man Gefühle wahrnehmen, sich immer wieder fragen muss, was einen bewegt, um die Zügel in die Hand zu nehmen und sein Verhalten steuern zu können.

Klugheit ist ein weiteres Thema des Buches. Klug ist der, der die Wirklichkeit wahrnehmen kann und will, sich etwas sagen und sich beraten lässt, bewusst entscheidet, bereit ist zu kommunizieren, nicht hochmütig ist, weil Hochmut die Proportionen der Wirklichkeit verstellt und sich weder geizig, vergnügungssüchtig, zornig, noch neidisch verhält, weil all diese Verhaltenmuster kontraproduktiv sind.

Fritsche unterstreicht, dass zum Umfeld der Klugheit das Gewissen gehört, dass man seine Entscheidungen reflektieren muss und sein Urteilsvermögen trainieren sollte. Nichts schlimmer als von Rattenfänger manipuliert zu werden. Sapere aude!

Mir gefällt an diesem Büchlein, dass auch die Gerechtigkeit, der Respekt, die Wahrhaftigkeit, die Freundlichkeit, der Mut und das Maßhalten zur Sprache kommen.

Schon Kant stellt fest, dass der Charakter eines Menschen formbar sei. Unserer Wirtschaft wäre es zu wünschen, dass die Egomanie der Wohlstandskindergeneration durch eine neue Ethik des Erfolgs ersetzt werden würde. Dieses Buch gibt diesbezüglich sehr gute Denkanstöße.


 

Rezension: Verschwunden- das Fotoprojekt von Gustavo Germano mit Texten zur Diktatur in Argentinien 1976-1983

1976 wurde Isabel Peron in Argentinien durch einen Militärputsch unter Führung des Generals J.R. Videla und seinen Nachfolgern in diktatorisches Regierungssystem, das im Zeichen eines ständig steigernden Staatsterrorismus nicht nur die terroristischen Aktivitäten linksperonistischer und sozialistischer Gruppen bekämpfte, sondern auch die gesamte Oppostition unterdrückte, abgesetzt.

Noch heute kämpfen die Angehörigen der über 30. 000 Verschwundenen um Gerechtigkeit und werden von Künstlers durch entsprechendes Engagement in der Literatur, im Film, im Theater und in der Musik unterstützt.

Im vorliegenden Buch wird man anhand von Bildern und Prosa- sowie Lyriktexten mit dem schmutzigen Krieg der argentinischen Militärs konfrontiert. 15 Fotopaare und die dazugehörigen Biographien geben einen Eindruck von dem unsägliche Leid, das die Argentinier aufgrund des Staatsterrors ertragen mussten.

Gleich zu Beginn wird General Videla zitiert, um die Monströsität des Regimes zu verdeutlichen: "In Argentinien werden alle Personen sterben müssen, die notwendig sind (sic), um die Sicherheit des Landes zu erreichen" (Zitat: Videla, 1975).

Die Bilder jener Tage zeigen junge, sehr fröhliche Menschen. Jedem Bild ist ein Foto von heute gegenüber gestellt, auf dem stets einer Mensch fehlt. All diese fehlenden Personen wurden Opfer des Militärregimes.

In einem der Texte - er wurde am 30.4.1988 von den Müttern der "Plaza de Mayo" verfasst- liest man wie die Militärs ihre grausamen Taten zu exkulpieren versuchten: "Es sind Terroristen, irgendetwas werden sie schon angestellt haben, man muss sie vernichten. Bis zur Erschöpfung wiederholten sie das, die Militärs, der bewaffnete Arm der herrschenden Klasse, und diejenigen, die solches Grauen und so viele Tode durchführten. Eins um das andere Mal wiederholten es die Würdenträger der Kirche, die Gewerkschaftfunktionäre, die verstrickten Richter, die korrupten Politiker, und auch, man muss es aussprechen, ein großer Teil der Mittelschicht, der sein Gewissen für Reisen nach Miami und Importfernseher hergab."(Zitat S. 72)

Zahlreiche schriftliche Dokumente aus jenen Tagen des Terrors sind im Buch nachlesbar und verdeutlichen, was machtbessene Menschen ihren Mitmenschen an zu tun in der Lage sind, wenn man sie nicht einbremst.

Der Schriftsteller Julio Cortázar verfasste 1981 einen Text mit dem Titel "Wirklichkeit und Literatur in Lateinamerika", den man im Buch nachlesen kann. Hier schreibt er u.a. "deshalb sollte jeder, der ein Buch öffnet, das in einem dieser Länder geschrieben und herausgegeben wurde, wo das kritische Denken und manchmal sogar die Phantasie als Verbrechen gelten, es lesen, als halte er eine jener legendären Flaschen in den Händen, die ins Meer geworfen wurden, um eine Botschaft, oder eine Hoffnung so weit zu tragen wie möglich" (Zitat: S. 95).

Im Rahmen meines Politikstudium belegte ich einst bei einem argentinischen Professor, der diesem schrecklichen Terror entkommen konnte, zwei Hauptseminare "Literatur in Lateinamerika(1 und 2)", um das Verhalten der dortigen Mittelschicht an literarischen Texten zu analysieren. Wir befassten uns damals auch mit Cortázar, dessen Texte tatsächlich an Flaschenpost erinnerten, die den Hoffnungsgedanken bis nach Europa trugen.

"Verschwunden" ist ein beeindruckendes Buch, das auf die üblichen Klappentexte verzichtet und stattdessen auf den Innenseiten der Buchdeckel die Namen unzähliger Verschwundener auflistet.

Sehr empfehlenswert.


Rezension:GEO Epoche mit DVD 31/2008: Als Spanien die Welt beherrschte: Das Magazin für Geschichte (Broschiert)

Geo Epoche 31 trägt den Titel "Als Spanien die Welt beherrschte". Die Mixtur aus einer Vielzahl beeindruckender Bilder und eloquenter Texte verdeutlicht wie Spanien einst zur Hegemonialmacht aufstieg, das heißt zum weltumspannenden Imperium mit Kolonien auf drei Kontinenten.

Der Süden und die Mitte Spaniens waren lange unter der Herrschaft der Araber und Berber. Noch heute gibt es dort viele Zeugnisse der islamischen Kultur.
Generationenlang bekämpften sich an den Grenzen die Katholiken mit den Mauren. 1212 kommt es schließlich zur größten Schlacht des Mittelalters in Andalusien. In der Schlacht von Las Navas de Tolosa unterliegen die Mauren den Kreuzrittern. Von da an können sich die Mauren nur noch im Süden halten. Während der so genannten Reconquista wurden den Mauren in Spanien die Macht entzogen.

Den ausführlichen Text hierzu begleiten beeindruckende Fotos von frühmittelalterlichen, maurischen Festungen, wie etwa der Burg "Guadamur", die der König von Kastilien-Lyon neben anderen Festungen eroberte als er 1085 in die bis dahin maurisch besetzte Stadt Toledo einzog. Toledo wurde damals zum kulturellen Zentrum der Halbinsel. Sehr beeindruckend ist auch die Festung "Almodovar del Rio" (Cordoba), die 500 Jahre lang maurischen Herrschern unterstand.

Die Hochzeit von Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragonien wird auf zwei Seiten näher beschrieben und ist dem ausführlichen Bericht über das Jahr 1492 vorangestellt. Das Königspaar erobert das Königreich Granada zurück, das von den Mauren besetzt war. König Muhammed XI., genannt Boabdil kapituliert. Damit sind nach 7 Jahrzehnten die Muselmanen aus Spanien verjagt und Papst Innozenz VIII verleiht 1492 den beiden Herrschern den Titel "Katholische Könige". Ohne Zweifel ist der Sieg eines der bedeutendsten Daten in der Geschichte Europas.

Die religiöse Einheit haben Ferdinand und Isabella ihrem Lande durch ein Vorgehen aufgezwungen, dessen Radikalismus und Intoleranz uns heute noch erschreckt, die aber in ihrem Zeitalter von der öffentlichen Meinung bestätigt wurden. So wurde die Inquisition unter Staatsaufsicht gestellt. Unter dem Vorwand, den Wert des Glaubens der bekehrten Juden und Mauren zu prüfen, wurde die religiöse Schreckensherrschaft eingeführt; dabei stellte man die Juden und Mauren vor die Wahl, den Katholizismus anzunehmen oder auszuwandern.

Mit der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus 1492 beginnt die koloniale Ausdehnung, die Spanien bald in den Besitz unermesslicher Gebiete und unerschöpflicher Goldreserven bringen wird. Im Bericht "Der Berg, der Menschen frisst", liest man von einer Silberader auf der Hochebene der Anden. In der nahegelegenen Stadt Potosi leben die Spanier in barocker Pracht. Sie schinden Zehntausende Indios für den Reichtum im fernen Spanien.

Der Mönch Bartolomé de Las Casas prangert die Unterdrückung der Indios an. Dr. Jutta Nolte berichtet sehr erhellend von dem Disput von Las Casas mit seinem Gegenspieler Juan Ginés de Sepúlveda. Den Thron Isabellas und Ferdinands beerbt deren Tochter Johanna die Wahnsinnige. Diese liebte ihren Gatten Philipp den Schönen leidenschaftlich, machte ihm aber aufgrund ihrer krankhaften Eifersucht viele Szenen. Als er viel zu jung stirbt, verfällt sie dem Wahnsinn. Mit dem Sarg ihres Gemahls, der sie die "Schreckensherrschaft" nannte, irrte sie durch die spanischen Lande und wartete auf seine Wiederauferstehung. Die königliche Familie lässt sie im Schloss von Tordessillas inhaftieren.

Die Macht wird auf Ihren Sohn Karl I, dem künftigen Kaiser Karl V des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen übertragen. Über dessen Sohn Philipp II referiert Jens-Rainer Berg. Von seinem Vater erbt er Spanien und die Kolonien in Amerika, die Niederlande, die Freigrafschaft Burgund, Mailand, Neapel, Sizilien, und Sardinien. Er kämpft erfolgreich gegen Frankreich und die Osmanen und sichert sich den Besitz Portugals. Der Versuch das Eindringen der Reformation in den Niederlanden zu verhindern, führt zum Aufstand und der Loslösung der nördlichen Provinzen. Die Abwehr der englischen Einmischung dort scheiterte mit dem Untergang der Armada 1588. In den französischen Religionskriegen griff er auf katholischer Seite ein, musste aber Heinrich IV als französischen König anerkennen.

In seinem Inneren regierte Philipp mit absolutistischer Macht. Sein Tod leitete den Niedergang des spanischen Weltreichs ein. Interessant ist der Bericht über das Inquisitionsgericht. Niemand erfuhr vor dem Prozess, weshalb er verhaftet worden ist und kein Angeklagter der Inquisition wusste, wer ihn denunziert hat. Auf einem abgelichteten Gemälde, das ich nicht näher beschreiben möchte, kann man sich die menschenverachtenden Foltermethoden vergegenwärtigen.

Über den Maler Diego Velazquez wird sehr breitgefächert informiert und es werden einige Druckgraphiken Francisco de Goyas gezeigt. Dort sind die Schrecken des sechs Jahre andauernden Guerillakrieges mit den Soldaten Napoleons thematisiert. Die Bilder werden erst 35 Jahre nach seinem Tod veröffentlicht.

Wie immer ist die beigelegte DVD eine Bereicherung für das Magazin, weil es die Texte noch lebendiger macht.

Empfehlenswert.

Rezension:Lexikon der Entdeckungsreisen: 2 Bde. (Gebundene Ausgabe)

Im Lexikon der Entdeckungsreisen lernt man all die Personen näher kennen, die jene Gebiete der Erde aufgefunden und erschlossen haben, die dem entdeckenden Kulturkreis zuvor unbekannt waren. Es ging dabei in erster Linie um Territorien, die bereits andere Kulturkreise besiedelt hatten. Schon im Altertum erfolgten einsetzende Erkundungen fremder Gebiete, wie die beiden Bücher verdeutlichen, zunächst vor allem im Zusammenhang mit Kriegszügen und der Ausdehnung des Handels, später kam die überseeische Expansion der europäischen Seefahrernation, Abenteurertum, wie etwa die Suche der Konquistadoren nach dem legendären El Dorado, Missionierung und zunehmend auch wissenschaftlicher Forscherdrang hinzu.

Die älteste überlieferte schriftliche Entdeckungsreise ging übrigens auf den weibliche Pharao Hatschepsut (1504-1483 v. Chr.) zurück. Sie veranlasste eine Expedition in das Land Punt.

Im Buch werden Entdeckungsreisen aus zwei Jahrtausenden vorgestellt.
Die Entdecker sind alphabetisch aufgeführt, wobei es sich bei ihren Entdeckungen nicht immer um geplante Forschungsreisen handelte, sondern auch um Zufallsentdeckungen durch Walfänger, Pelzhändler und Missionare.

Unmöglich an dieser Stelle über alle Entdecker zu schreiben. Dass man Alexander von Humboldt beinahe zwei Seiten gewidmet hat, finde ich lobenswert. Sein Leben und Wirken sind bemerkenswert gut zusammengefasst.
Ebenfalls lobenswert ist die mehrseitige Lebensbeschreibung von Hernando Cortés, der wohl mehr Eroberer als Entdecker war. Das allerdings wird nicht vergessen hervorzuheben.
In diesem Zusammenhang hat mir gefallen, dass man auch den Bischof von Chiapas Bartolomé Las Casas erwähnt, der sich damals - nach Spanien zurückgekehrt - für die Besserstellung der Eingeborenen eingesetzt hat. Er erkannte, dass die Indianer der Plantagenarbeit nicht gewachsen sein würden und sah die Entvölkerung der Antillen voraus. Für die Beurteilung der spanischen Kolonialpolitik und ihre unheilvollen Folgen hatten seine kritischen Schriften große Bedeutung.

Das Buch beinhaltet eine Fülle von Namen und Fakten. Sich in diese immer mal wieder zu vertiefen, ist überaus kurzweilig und sehr spannend.

Ein beeindruckender Mann, den man gottlob nicht vergessen hat, ist der norwegische Entdecker, Naturwissenschaftler und Politiker Fridtjof Nansen, der sehr berühmte Expedition unternahm und u.a. die massive Bedeckung Grönlands durch Inlandeis bewies, sich allerdings nach 1905 im wachsenden Maße für politische und humanitäre Ziele engagierte. Er wirkte für die Lostrennung Norwegens von Schweden und wurde Norwegens erster Botschafter in London. Seit 1920 leitete er als Mitglied der norwegischen Völkerbunddelegation die Repatriierung einer halben Million Kriegsgefangener und Verschleppter und schuf in Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz den Nansen-Pass, woran sich weltweite Konferenzen zur Linderung der Hungersnot in dem vom Bürgerkrieg geschwächten Russland anschlossen. Nansen erhielt 1922 den Friedennobelpreis.

Zwei Bücher, die man stets auf dem Nachtisch liegen haben sollte.

Rezension: Die 10 Gebote für ein gesundes Unternehmen

Dieses Buch von Cay von Fournier habe ich mit sehr viel Neugierde gelesen. Der erfolgreiche Unternehmer zeigt darin auf, was Unternehmen langfristig erfolgreich macht. Er untergliedert sein Buch 11 Kapitel. Diese benennt er wie folgt:

Das 1. Gebot: Sei kreativ!
Das 2. Gebot: Biete echten Nutzen!
Das 3. Gebot: Sei mutig anders als andere!
Das 4. Gebot: Investiere!
Das 5. Gebot: Sei konsequent!
Das 6. Gebot: Sei einfach!
Das 7. Gebot: Verbessere ständig!
Das 8. Gebot: Stärke die Stärken!
Das 9.Gebot: Führe mit Werten!
Das 10. Gebot: Lebe in Balance!
Das 11. Gebot: Kreativität, Kompetenz und Konsequenz: Die drei Grundsätze wirksamer Führung.

Der Autor möchte aufzeigen, wie durch die Konzentration auf die wichtigsten Erfolgsfaktoren guter Unternehmensführung, der Teufelskreis von zu hohem Eisatz und unbefriedigendem Ertrag durchbrochen werden kann. Er erklärt, weshalb gute Führung wirksam sein muss und weshalb sie neben wirtschaftlicher Kompetenz auch ein moralisches Wertefundament benötigt.

Der Verfasser unterstreicht, dass für den Erfolg eines Unternehmens zuerst die Unternehmer und Führungskräfte verantwortlich sind und sonst keiner.

Von Fournier nennt drei Dimensionen der Führung: Lebensführung, Menschenführung und Unternehmensführung, bevor er auf die oben angeführten, einzelnen Gebote näher eingeht. Leider kommt in der operativen Hektik des Alltags das kreative Nachdenken über Innovation im eigenen Unternehmen nicht selten zu kurz. Alle Menschen sind kreativ, so das Credo des Autors.

Die Folge von Kreativität ist Kreation. "Das Bewusstsein, kreativ sein zu können, aber auch die Entscheidung, tatsächlich Lösungen finden zu wollen, stellt den Ursprung eines jeden Unternehmens dar", (vgl.: S. 39).

Man muss sich darüber klar werden, dass kein beständiger materieller Wert jemals ohne darunter liegende ethische Werte geschaffen wurde. Der Autor zeigt wie Kreativität in Unternehmen entsteht und erklärt Innovationsprozesse, bevor er klar macht, weshalb es wichtig ist, echten Nutzen zu bieten.

Strukturierte Jahreszielplanungen zusammen mit den Führungskräften zählt zu den wichtigsten Werkzeugen mittelständischer Unternehmen. Von Fournier dokumentiert anhand von Beispielen mittelständischer Unternehmen den so genannten visionären Nutzen. Immer wieder steht dabei das Wohl der Kunden im Vordergrund. Wie kann ich helfen, die Probleme meines Kunden zu lösen?

Wer erfolgreich sein möchte, muss Andersartigkeit dokumentieren durch Service, Innovation, Style und Emotionalisierung der Produkte und Leistungen. Ungewöhnliche Unternehmen sind in der Lage neue Märkte und neue Spielregeln zu schaffen. Der Autor verdeutlicht, wieso reduziertes Investieren einer Reduktion der Lebensenergie gleich kommt und auf diese Weise in Unternehmen ein Mangel an Energie und Kreativität zu Tage tritt, Neues hervorzubringen.

Dort, wo große Gewinne gemacht werden und man dennoch Menschen entlässt, die die Gewinne erwirtschaftet haben, handelt es sich um Destruktion. Solche Firmen werden auf Dauer krank. Merke: Der intensivste Kostenblock in einem Unternehmen sind Managementfehler. Menschen stellen keine Kosten dar, sondern sind Investitionen (vgl.: S. 98).

Ich teile die Betrachtungen des Autors im Hinblick auf Geiz und Gier, die gemeinsam mit Neid Hand in Hand gehen, immer zerstörerische Kräfte darstellen und am Ende stets die Totengräber von Unternehmen verkörpern.

Es stimmt auch, was der Autor im Hinblick auf Konsequenz äußert. Sinnvoll ist es dahingehend die Natur zu beobachten und sich klar zu machen, dass die gesamte Evolution ein konsequenter Prozess von Versuchen, Irrtümern und Erfolgen ist.

Dass Disziplin eine wichtige Tugend ist, steht außer Frage. Wenn das dahinterstehende Wertesytem nicht menschenverachtend ist, gibt es keinen Grund in diszipliniertem Verhalten nicht etwas Positives zu sehen.

All den Folgegeboten stimme ich ebenfalls bedingungslos zu und kann die diesbezüglichen Erörterungen nicht anders als unglaublich eloquent bezeichnen. Hier schreibt ein Mensch mit viel praktischer Erfahrung. Es macht Freude Cay von Fournier zu lesen.

Stärke und Talent muss man bei seinen Mitarbeitern und sich selbst entdecken und sinnvoll zum Wohle aller einsetzen. Genau so ist es. Es ist wahr, je gleichförmiger Menschen ausgebildet sind um so durchschnittlicher und vergleichbarer werden sie.

Es ist wichtig Mitarbeiter zu selbstverantwortlichem Handeln zu motivieren und zu begreifen, das Führen kein Privileg, sondern eine Dienstleistung ist. Um gut führen zu können, benötigt man innere Balance. Was darunter zu verstehen ist, zeigt der Autor, wie ich finde, sehr gut auf.

Die drei Grundsätze wirksamer Führung sind Kreativität, Kompetenz und Konsequenz. Mir haben die diesbezüglichen praktischen strategischen Maßnahmen gefallen, die in diesem Zusammenhang von Bedeutung sind. Die Maßnahmen überzeugen mich.

Alles in allem ein hervorragendes Buch, sehr glaubhaft geschrieben, auch was die praktische Umsetzbarkeit anbelangt.

Rezension:The Beatles, Wie alles begann (Gebundene Ausgabe)

Die Fotografin Astrid Kirchherr begegnete den Beatles 1960 das erste Mal. Dies geschah bei einem der Auftritte der Beatles im Hamburger Vergnügungsviertel St. Pauli. Sie hat einige der frühesten Beatlesfotos geschossen. Wie man dem Klappentext entnehmen kann, überdauerte die Freundschaft mit den Beatles die Zeiten. Der 2003 verstorbene Fotograf Max Scheler war Fotojournalist beim Stern, der ihn beauftragte die Beatlemania in England in Bildern festzuhalten. Dem vorliegenden Fotoband gehen Vorworte der beiden Fotografen voraus. Sie berichten hier kurz von ihren damaligen Erfahrungen mit den Beatles. Die Schwarz-Weiß-Bilder stammen aus dem Jahr 1964 und wirken wie ein privates Fotoalbum.

Man sieht die noch jungen Beatles in ihren Privatwohnungen. George beim Gitarrenspiel, Ringo ausgelassen und fröhlich das Tanzbein schwingend, John nachdenklich mit einem Haufen Verehrerinnenpost auf seinem Schoß, den hübsche Paul am Piano, während Ringo in die Hände klatschend neben ihm steht und reine Lebensfreude ausstrahlt. Die Wohnungen sind bürgerlich eingerichtet, die Jungs tragen noch Krawatte. Nur die Haare kündigen den neuen Zeitgeist an. Abgelichtet sind auch ein typisches Jungmädchenzimmer jener Jahre, dessen Wände mit Beatlesbildern zugekleistert sind, junge Männer mit Pilzköpfen in einem Gitarrenladen, auch sie tragen noch Krawatte. Wunderschöne Portraitaufnahmen von den Jugendidolen George, John, Paul und Ringo sind Bilder einer schon fernen Zeit. Scheler schreibt im Vorwort, dass es damals in Liverpool ungefähr 400 Musikgruppen gab. In dem Gitarrenladen, den er fotografiert hat, wurden 90 Prozent der Gitarren über Ratenzahlung verkauft. Viele junge Burschen sind mit ihren Gitarren abgelichtet. Man sieht die Hoffnung in ihren Augen blitzen vielleicht ebenfalls als Pop-Musiker Karriere zu machen. Diesen Ehrgeiz schuf die Beatlemenia. Mitunter führte der Ehrgeiz zum Erfolg.


Die jungen weiblichen Fans wirken in ihrer Kleidung und ihren Frisuren auf den heutigen Betrachter fast bieder, zumindest sehr brav. Die Befreiung vom spießigen Outfit hatte noch nicht stattgefunden, aber man spürt beim Anblick dieser Bilder, dass sie unmittelbar bevorsteht und nicht nur sie, sondern auch die sexuelle Befreiung, die große Revolution des letzten Jahrhunderts. Auf einem Foto sieht man mit viele junge Paare, die sich küssen. Es ist vermutlich auf Party entstanden, während "And I love her" erklingt, der berühmte Beatles-Song, der 1964 entstanden ist.
Text:
I give her all my love
That's all I do
And if you saw my love
You'd love her too
I love her

She gives me ev'rything
And tenderly
The kiss my lover brings
She brings to me
And I love her

A love like ours
Could never die
As long as i
Have you near me

Bright are the stars that shine
Dark is the sky
I know this love of mine
Will never die
And I love her

Bright are the stars that shine
Dark is the sky
I know this love of mine
Will never die
And I love her

Schön, nicht wahr?

Ein gelungenes Buch, das man sich am besten ansieht, während man alte Beatleslieder hört.

Empfehlenswert.

Rezension:Woodstock: Die Chronik (Gebundene Ausgabe)

Woodstock ist eine Stadt im Bundesstaat New York in den USA. In der Nähe dieser Stadt fand vom 15. bis 17.8. 1969 ein Freiluft- Rockfestival bis dahin nicht gekannten Ausmaßes (zwischen 300 000 und 500 000 Zuschauer) statt. Es spielten 32 Bands und Interpreten, wie etwa Joan Baez, J. Hendrix, The Who, Crosby, Stills, Nash& Young, Janis Joplin, Santana und J. Cocker. Die Teilnehmer konsumierten Drogen, gaben sich der freien Liebe hin und demonstrierten friedlich gegen den Vietnamkrieg. Ihre Wahlsprüche waren "Flowerpower" und "Pease `n` Love". Woodstock wurde damit zum Synonym für eine ganze auf kulturell-politische Erneuerung hoffende Hippiegeneration.

Der Bassist und Journalist Mike Evans und der Musikjournalist Paul Kingsbury haben in Zusammenarbeit mit "The Museum at Bethel Woods" das vorliegende Buch herausgebracht, das mit einer Fülle von Fotos von diesem Festival und vielen interessanten Texten jene Tage im August nach nunmehr 40 Jahren ins Gedächtnis zurückruft.

Man liest zunächst von der damaligen Gesellschaft und der Gegenkultur in den USA und wird daran erinnert, dass die Gegenkultur die Haltung nicht nur zum Vietnamkrieg kritisierte, sondern auch für Antimilitarismus, Rassengleichheit, Frauenrechte, künstlerische Freiheit und sexuelle und homosexuelle Befreiung eintrat.
Der Lebensstil dieser, zumeist jungen Menschen, zeichnete sich dadurch aus, dass sie in Kommunen zusammenlebten und sich mit fernöstlichen spirituellen Lehren befassten.
Man liest von der Bürgerrechtsbewegung in den USA in jener Zeit, von Vietnam und wird auch daran erinnert, dass 1968 Martin Luther King und Robert Kennedy ermordet wurden. Isabel Stein konstatiert in einem Gespräch mit Mike Evans, dass Woodstock im Grunde eine Antikriegs-Veranstaltung war. Thematisiert werden die Studentenproteste in Chicago 1968, Vorläufer der legendären Veranstaltung, wie etwa das "New-Jazz-Festival", auch "Monterey". Dort verbrannte Jimi Hendrix einst seine Gitarre.


Man wird über die Organisation und das Team, das Festivalgelände, über den Aufbau, sogar über die Anfahrt aufgeklärt, bevor man sich dem ersten Festtag widmen kann. An diesem Tag spielten: Richie Havens, Swami Satchidananda, Sweetwater, Bert Sommer, Tim Hardin, Ravi Shankar, Melanie, Arlo Guthrie, Joan Baez.
Man erfährt jeweils, wann die einzelnen Interpreten uhrzeitlich aufgetreten sind, liest das Ein oder Andere zu den Personen, auch Anekdotisches während des Festivalgeschehens wird geschildert und man wird stets über die spezifische Songliste informiert. Eine Besucherin erinnert sich. "Wie er (Richie Havens) da so kam und anfing "Freedom" zu singen, das hat einen richtig gepackt, und von diesem Augenblick an wurde es eine echte spirituelle Erfahrung über Frieden." Am 16.August um 0.55 Uhr trat Joan Baez auf. Sie hatte zu Beginn der 60er Jahre zur Verbreitung politischer Songs beigetragen. Natürlich gehörte zu den in Woodstock vorgetragenen Songs auch "We shall overcome" aber auch "Love, oh happy day".

Der zweite Tag, die Samstagskonzerte, sorgten für euphorische Höhepunkte. Es traten auf: Quill, Country Joe Mc Monald, John Sebastian, Santana, Incredible String Band, Canned Heat, Mountain, The Grateful Dead, Creedence Clearwater Revival, Janis Joplin, Sly & the Family Stone, The Who und Jefferson Airplane. Um 17.15. Uhr spielte Santana. Die Songs schlugen das Publikum in den Bann. Die hypnotisierenden Rhythmen und die Exotik sollen den Nerv des Publikums getroffen haben. Der Auftritt von Santana war ein Highlight des Festivals und hat der Gruppe zusammen mit der Veröffentlichung ihrer Platte zu internationaler Aufmerksamkeit verholfen. Canned Heat aus Los Angeles soll geradezu ein Muss für Woodstock gewesen sein, nicht zuletzt wegen zwei Top-Hits "On the rain again" und "Going up the country", einer riesigen Fangemeinde und aufgrund ihres bluesgefärbten Boggierocks.


Creedence Clearwater Revival spiele u.a. "Proud Mary" und "I put a spell on you", auch "Bad moon rising". Die Band gehörte damals zu den Superstars. Ihr geradliniger, bluesgefärbte Rock `n`Roll kam gut an. Allerdings war er nicht auf dem Woodstock Album, weil es Differenzen zwischen ihrem Label Fantasy und Atlantic Records, die die Sammlung herausbrachten, gab. Die von mir sehr geschätzte Sängerin Janis Joplin sang "Raise your hand", "As good an you`ve been to this world", "To love someboy", "Summertime", "Try( just a little bit harder)", "Kozmic Blues", "Can`t turn you loose", "Work me lord", "Peace of my heart" und "Ball and chain". Die Fotos zeigen übrigens eine überaus sympathische, junge Frau.

Am dritten Tag spielte: Joe Cocker & the Grease Band, Country Joe & the Fish, Ten Years After, The Band , Johnny Winter, Blood, Sweat & Tears, Crosby, Stills, Nash & Young , Paul Butterfield Blues Band, Sha Na Na und der begnadete Jimi Hendrix. Zu seiner Songliste gehörten natürlich "Gypsy Woman", "Hey Joe", aber er spielte auch die psychedelische Interpretation der amerikanischen Nationalhymne "The Star Spangled banner". Dieser improvisierte Blues brachte sowohl die musikalische als auch politische Botschaft des Festivals in Woodstock auf den Punkt.

Man erfährt am Ende des Buches viele Zahlen und Fakten und wird darüber informiert, weshalb Led Zeppelin, Yoko Ono und John Lennon, The Doors, aber auch Bob Dylan dem Festival fern blieben. Schließlich liest man auch noch Essentielles über den Woodstockfilm und was aus den damaligen Interpreten geworden ist.

Tolle Bilder lassen die Stimmung auf dem Fest erahnen, bei dem die Musik selbst heftige Regenfälle vergessen ließ, wie die Bilder deutlich machen.

Ein gelungenes Buch. Während ich es las, hörte ich Joplin, Hendrix und Santana.
Welch ein Genuss!

Rezension:Die Vertreibung. Böhmen als Lehrstück (Gebundene Ausgabe)

Das Gebiet des einstigen Königreichs Böhmen ist seit mehr als 2000 Jahren Schauplatz ethnischer, politischer, wirtschaftlicher, nationaler und soziologischer Auseinandersetzungen. Aufgrund nationalstaatlich gedanklicher Prämissen, die in den so genannten Benes-Dekreten ihren fatalen Niederschlag fanden, wurden nach Ende des 2. Weltkrieges seitens der damaligen tschechischen Regierung über zwei Millionen Sudetendeutsche aus Regionen vertrieben, wo sie zuvor über viele Generationen gelebt hatten. Legitimiert wurden diese Massendeportationen mit den scheußlichen Massakern und dem unendlichen Leid, das Hitler und seine Schergen - zu denen auch eine ganze Reihe Sudetendeutscher zählten - den Tschechen während der NS-Zeit angetan hatten.

Peter Glotz verweist auf die Gräueltaten von "Lidice" und "Lezaky" und thematisiert auch "Theresienstadt" . Dort allein kamen insgesamt 118 000 Menschen ums Leben. Gleichwohl haben die Verbrechen der Nazis nicht die "ethnischen Säuberungen" gerechtfertigt, nicht die Erschießungen von Frauen, Kindern und alten Menschen legitimiert, deren Muttersprache - in diesem Fall - deutsch war. Der Autor klärt auf, er will nicht aufrechnen! Er rollt historische Fakten auf, geht geschichtlich weit zurück, bis zu Jan Hus, dem Prager Fenstersturz, u.s.w. Er spricht vom Ende des Habsburger Reiches, dem Münchener Abkommen und immer wieder von der Heimsuchung durch nationalstaatliche Erwägungen.


Böhmen ist für Glotz ein Lehrstück und eine Mahnung, "es mit der Identität nicht zu übertreiben." Er plädiert für "komplizierte Minderheitenabkommen" und wendet sich gegen "brutale Entflechtungen." Seit den sechziger Jahren gab es vierundfünfzig ethno-soziale Kriege. Mit diesen Kriegen gingen immer Vertreibungen einher. Glotz wirbt in diesem Zusammenhang für Krisenprävention und resümiert. "Man sollte auf die Menschen einwirken, mit ein bisschen weniger Identität auszukommen, und ihnen dafür in Aussicht stellen, dass ihre Säuglinge nicht mit dem Gewehrkolben erschlagen oder über eine Brücke ins Wasser geworfen werden." Ein Text, dessen Ziel kosmopolitische, auf Humanität beruhende Interaktion zum Wohle aller ist. Ein kluges Buch, eines glaubwürdigen Autoren, der in erster Linie ernsthafte Aussöhnung im Auge hat.

Rezension: Krankheiten großer Diktatoren: Diktatoren im Spiegel der Medizin. Napoleon - Hitler - Stalin (Gebundene Ausgabe)

Prof. Dr. Anton Neumayr zeigt in seinen Biographien über die Diktatoren Napoleon, Hitler und Stalin, wie deren jeweilige physischen und psychischen Krankheitsbilder sich auf ihr despotisches Verhaltensmuster auswirkten.

Napoleon beispielsweise arbeitete ununterbrochen, ob zu Hause, auf Reisen oder zu Felde, am Tage ebenso wie in der Nacht. Eine solche Arbeitsweise war ihm möglich, weil er sehr wenig Schlaf benötigte. Seine hektische Arbeitsweise hatte allerdings negative Auswirkungen im Sinne von Magenschmerzen. Diese Magenschmerzen sollen später immer schlimmer geworden sein und ihn latent übellaunig gemacht haben. Seine geradezu pathologische Hingabe an die Arbeit, ließ ihn Speisen stets hastig verschlingen. Dieses Verhalten verstärkte offenbar seine Magenempfindlichkeiten. Man liest von seinem Hämorrhoidallleiden, das letztlich ausschlaggebend für die Niederlage der Schlacht von Waterloo gewesen sei.

Gelungen sind die Psychogramme der drei Diktatoren, die sich den Kurzbiographien inclusive physischen Krankheitsgeschichten anschließen. Am Beginn seiner kometenhaften Laufbahn wurden beispielweise Napoleons Machtansprüche durch seinen herausragenden Intellekt und untrüglichen Realitätssinn in Schranken gehalten. Auf diese Weise wurden seine autoritären Tendenzen gebremst. Je größer allerdings seine Macht wurde und je mehr er sich als Herr Europas zu fühlen begann, um so mehr verließ ihn sein Fingerspitzengefühl. Es gelang ihm nicht wie früher mit traumwandlerischer Sicherheit und disziplinierter Geduld den richtigen Augenblick für einen optimalen Erfolg eines Unternehmens abzuwarten, sondern er glaubte, dass Schicksal mit seinem Willen zwingen zu können. Dererlei Wahnideen hatten auch Hitler und Stalin.

Bei allen stellte sich zunehmend Machtmißbrauch ein. Dieser trat Hand in Hand mit Hemmungslosigkeit und einem ungezügelt, egozentrischen Handeln zu Tage. Aufgrund seiner steilen Karriere vertrug Napoleon keinen Widerspruch mehr. Sofern jemand aus seiner Umgebung sich seinen Intentionen widersetzte, bekam er Wutanfälle. Mit beinahe sadistischer Genugtuung überzeugte er sich von Zeit zu Zeit durch bewusste Demütigung von der Ergebenheit und Anhänglichkeit seiner treuesten Gefährten, nicht zuletzt, weil er davon überzeugt war, dass ihm als ihr unumschränkt herrschender Meister alles erlaubt sei und er über seine Untertanen beliebig verfügen dürfe.

Stalin und Hitler hatten auch dieses Gefühl von Omnipotenz. Alle drei litten an dem krankhaften Wahn vom Schicksal auserkoren zu sein für einzigartige historische Großtaten. Sie glaubten diesbezüglich mit entsprechenden Fähigkeiten und Begabungen ausgestattet zu sein. Ihr ausgeprägter Egoismus verlangte nach Zuneigung, Lob und Anerkennung. Interessant ist die geringe Frustrationstoleranz dieser Personen. Ihre Empfindlichkeit und übertriebene Verletzlichkeit gegenüber Anspielungen auf ihre Person oder gar Kritik.

Thematisiert wird Hitlers Lust am Töten, sprich sein negrophiler Charakter, seine Verlogenheit und Treulosigkeit im menschlichen und im politischen Bereich. Neumayr zitiert Fromm, um den Narzissmus von Hitler zu verdeutlichen: "Er interessiert sich nur für sich selbst, für seine Begierden, seine Gedanken, seine Wünsche; er redet endlos über seine Ideen, seine Vergangenheit, seine Pläne; die Welt interessiert ihn nur, soweit sie Gegenstand seiner Pläne und Begierden ist; andere Menschen spielen für ihn nur eine Rolle, soweit sie seinen Zwecken dienen und dafür benutzt werden können; er weiß immer alles besser als die anderen. Diese Sicherheit bezüglich der Richtigkeit der eigenen Pläne ist ein typisches Kennzeichen eines intensiven Narzissmuss." Narzissistischer Größenwahn lag auch bei Stalin vor. Machtwahn, Verfolgungswahn und Größenwahn sind Merkmale von paranoiden Persönlichkeiten. Stalin war extrem paranoid, wie der Autor nachweist. Alle drei Personen haben aufgrund ihrer psychischen und physischen Krankheiten unsägliches Leid und Tod über die Menschheit gebracht.

Es empfiehlt sich insofern sich mit den Krankheitsbildern auch von noch lebenden Machthabern auseinanderzusetzen, um rechtzeitig Strategien zu entwickeln, sie an ihrem despotischen Tun hindern, das mit weiterem Machtzuwachs keineswegs geringer wird. Die Einweisung in die Psychatrie wäre mit Sicherheit die sinnvollste Strategie. Leider läßt sie sich bei Machthabern, die am Zenit ihrer Laufbahn stehen, nur schwer durchsetzen.


Rezension: Aristoteles für Manager

"Wenn auf der auf der Erde Liebe herrschte, wären die Gesetze entbehrlich." (Aristoteles)



Christine Mesnaric hat ein bemerkenswertes Büchlein verfasst, das Managern und solche, die es noch werden möchten, verdeutlicht, dass es ungemein sinnstiftend ist, sich mit der Philosophie von Aristoteles zu befassen, um nachhaltigeren Firmenerfolg zu erzielen.

Die Autorin unterstreicht gleich zu Beginn, dass die Haltungen und Weisungen des großen griechischen Philosophen eine Quelle der Inspiration für ein erfülltes Leben sein können. Für ihr Büchlein hat sie einen kleinen Ausschnitt aus dem Werk des Aristoteles fokussiert und sechs Schwerpunkte ausgewählt:


1) Vom Handeln und Tun

2) Vom Streben nach Glück

3) Von der Selbstentwickung

4) Von der Veränderung

5) Vom Wissen

6) Vom Göttlichen


Den Reflektionen im Rahmen dieser Schwerpunkte ist eine Kurzbiographie des großen Denkers vorgeschaltet, der 384 vor Christus als Sohn eines Mediziners geboren wurde. Aristoteles, so Mesnaric, unterscheidet vier Formen von Handeln:

Praktisches Können

Wirtschaftliche Untersuchungen

Handeln

Wählen


Offenbar haben die meisten Menschen eine Tendenz zu einer dieser vier Handlungsformen. Diese herauszufinden, sollte bei der Personlauswahl und - betreuung oberstes Gebot sein. Weshalb das so sein sollte, begründet die Autorin eloquent.


Der Philosoph differenziert des Weiteren zwei Arten von Zielen, die nach Aristoteles Handlungen auslösen:


Ein Werk als Ziel einer Handlung

Die Tätigkeit als Ziel einer Handlung


Damit Mitarbeiter eine Aufgabe optimal erledigen können, benötigen sie einen Einblick in die Ziele, die erreicht werden sollen. Es ist also wichtig Mitarbeiter am Gesamtprozess teilhaben zu lassen. Jeder erfahrene Manager weiß das. Das Philosoph Aristoteles liefert dieser praktischen Notwendigkeit den philosophischen Überbau.


Die Autorin erklärt die Begriffe Materialursache, Wirkursache, Gormalursache und Zweckursache und zeigt welche Bedeutung diese Ursachenarten für ein Unternehmen haben. Dabei unterstreicht sie, dass neue bahnbrechende Erfindungen nur dann entstehen können, wenn ein großer Antrieb (Zweckursache) und zeitgleich eine Öffnung hin zur Intuition (Seelenimpuls, Weisheit) vorhanden ist (vgl. S. 37).


Auch über Aristoteles kritische Ansicht zum Zinssystem äußert sich Mesnaric und zu zweckgebundenen Investitionen im Sinne des Philosophen in heutiger Zeit. Darüber intensiv nachzudenken, lohnt sich.


Die Nikomachische Ethik wird natürlich auch thematisiert. Hier verdeutlicht Aristoteles, dass alle Menschen nach etwas Gutem streben und nach seiner Ansicht das höchste Gut, das Menschen erreichen können, das Glück ist.


Glück für einen Manager sind schwarze Zahlen, gute Geschäftabschlüsse etc. Das ist klar. Um dieses Glück dauerhaft an seiner Seite zu wissen, bedarf es gewisser aristotelischer Grundverhaltensmuster, zu denen auch eine ethisch-sittliche Komponente zählt, konkret gewisse Tugenden gelebt werden müssen. Geschieht dies nicht, ist das Glück nicht von Dauer.


Die Autorin macht die Gründe anhand des aristotelischen Denkens deutlich. Verstandesfähigkeiten wie Weisheit, Klugheit, folgerichtiges Denken und Einsichtsfähigkeit müssen sich mit ethischen Fähigkeiten, wie Mut, Tapferkeit, Maßhalten und Großzügigkeit paaren, wenn ein Manager wirklich dauhaft erfolgreich sein möchte. Demnach ist ein intensives Selbstmanagement nötig, um in einem Unternehmen die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Eigene Bedürfnisse in den Hintergrund zu stellen, ist ein Schritt in die richtige Richtung.


Mesnaric nennt, angelehnt an Aristoteles 7 Schritte für ein erfolgreiches Emontionsmanagement und erläutert diese gut nachvollziehbar. Diese Schritte möchte ich zum besseren Verständnis kurz auflisten:


Bewusstsein schaffen

Distanzierung üben
Bereiche und Themen identifizieren, die Begehren auslösen
Die Entstehung häufig auftretender Emotionen analysieren


Schweigen lernen

Gedankenhygiene betreiben

Herzenqualitäten entwickeln

Man muss sich darüber im Klaren sein, dass der Entschluss zu einem tugendhaften Managmentstil, eine klare Entscheidung ist. Vorteile, die aus einem egozentierten, tugendlosen Leben entstehen, sind zumeist - und da stimme ich mit der Autorin überein -, kurzfristig und oberflächlich. Mesnaric sagt auf Seite 66: "Die Hirnforschung des 21. Jahrhundert haben diese Lehre des Aristoteles bestätigt. Sie fanden am Präfrontallappen im Gehirn ein Areal, das aktiviert ist, wenn man glücklich ist. Dasselbe Areal ist aktiv, wenn man für andere Gutes tut. Gutes für andere tun bedeutet, sich dafür nicht selbst zu belohnen."

In der Folge thematisiert die Autorin wie man die Talente seiner Mitarbeiter motiviert, das Wissen managt, zeigt Wege der Wissensgenerierung auf und lässt ihre eloquenten Betrachtungen, die in erster Linie ein Plädoyer für mehr Ethik in der Wirtschaft darstellen mit einer sehr guten Sentenz der alten Griechen enden:

" Wir sollten das Leben verlassen wie ein Bankett: weder durstig noch betrunken."


Rezension:Ostpreußen: Geschichte und Mythos (Taschenbuch)

Andreas Kossert befasst sich detailliert mit der Geschichte Ostpreußens und hütet sich erfreulicherweise davor landsmannschaftliche Töne anzuschlagen, stattdessen hinterfragt er diese kritisch. Der Autor zeigt, warum es über Jahrhunderte möglich war, dass unterschiedliche Völker und Glaubensangehörige in diesem Gebiet friedlich miteinander leben konnten und dass erst durch das Aufkommen nationalstaatlicher Ideologien der friedvollen Interaktion ein jähes Ende bereitet wurde. Kossert schreibt von den Massakern der okkupationslüsternen Deutschherrenritter und ihrer Niederlage in der Schlacht von Tannenberg im Juli 1410.
In der Folge zeigt er, wie der Deutsche Orden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts für ideologische Zwecke instrumentalisiert wurde.


Hindenburg spielt hier, lange vor Hitler, eine nicht unwesentliche Rolle. Aber zwischen diesen Ereignissen liegen beinahe 500 Jahre. Ostpreußen blieb weitgehend verschont vom 30 jährigen Krieg, nicht zuletzt deshalb, weil zu dieser Zeit - sieht man mal vom Ermland ab - das Land bereits protestantisch war. Ein Jahrhundert später dann haben Tataren und die Pest die Bevölkerung dezimiert. So mußten erneut Fremde angelockt werden, die sich in Ostpreußen niederließen. 1772 wurde die Leibeigenschaft abgeschafft. Die Ideenwelt der Gelehrten Königsbergs, allem voran Kants Toleranz- und Vernunftsverständnis, schlug sich auf das Denken der Ostpreußen nieder. Lange galten die dortigen Bürger als liberal und so waren es u.a. Ostpreußen, die später die Vormärz-Bewegung vorantrieben. Davor allerdings schlug sich Napoleon in den dortigen Sümpfen mit russischen und preußischen Soldaten. An Orte, wie Preußisch Eylau, Friedland und Tauroggen wird erinnert.


Unter Bismarck dann erfolgte der Germanisierungsprozess, wodurch der innere Friede zu Grabe getragen wurde. Die Folgen waren verheerend, wie der 1. und 2. Weltkrieg verdeutlichen. Kossert vergisst nicht von der Judenverfolgung in Ostpreußen zu sprechen und berichtet auch von den fürchterlichen Geschehnissen im Januar 1945 an der Samlandküste, wo die SS- Schergen Tausende von Juden kaltblütig ermordeten. Dass die Zivilbevölkerung Ostpreußens den Preis für das Unrecht der Nazis an den Juden, Polen und Russen zahlen und das Land verlassen mussten, war für viele zunächst unverständlich.


Es dauerte sehr lange bis es zu ersten Versöhnungsversuchen kam, nicht zuletzt aufgrund des sturen Beharrens rückwärtsgewandter landsmannschaftlicher Organisationen. Andrea Kossert hat ein wirklich empfehlenswertes Buch geschrieben und rezitiert, was dem Sachbuch keineswegs schadet, immer wieder in Ostpreußen entstandene Gedichte und Lieder, um etwas vom einstigen Denken und Fühlen der Menschen dort zu vermitteln. So etwa das wunderschöne Liebesgedicht, welches Simon Dach über "Ännchen von Tharau" verfasst hat, das wohl immer mit dem Ideal der jungen Ostpreußin in Verbindung gebracht werden wird. Ganz wunderbar.

Rezension:Allgemeine Erklärung der Menschenrechte: Verkündet von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 (Insel Bücherei) (Gebundene Ausgabe)


Art. 26, Abs.2 : "Die Bildung muss auf die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und auf die Stärkung der Achtung vor der Menschenrechten und Grundfreiheiten gerichtet sein. Sie muss zu Verständnis, Toleranz und Freundschaft zwischen allen Nationen und allen rassischen und religiösen Gruppen beitragen und der Tätigkeit der Vereinten Nationen für die Wahrung des Friedens förderlich sein."

Die Menschenrechte sind Rechte, die jedem Menschen unabhängig von seiner Stellung in Staat, Gesellschaft, Familie, Beruf, Religion und Kultur bereits dadurch zustehen, dass er als Mensch geboren ist. Auch andere Merkmale wie Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, politische und sonstige weltanschauliche Vorstellungen, natürliche und soziale Herkunft lassen die Gültigkeit der mit der bloßen Existenz als Mensch verbundenen Menschenrechte unberührt. Der zentrale Begriff der Menschenrechte ist die Menschenwürde als eine unbedingte Anerkennung des Einzelnen als eines Trägers gleicher Freiheit, deren Gebrauch unabhängig von anderen Menschen, erlaubt sein muss. Menschenrechte werden insofern nicht durch staatliche Normierung geschaffen, sondern können durch diese als etwas Vorhandenes lediglich anerkannt werden.

Auch wenn die Idee der Menschenrechte das Produkt einer spezifisch neuzeitlichen abendländischen Problemkonstellation war, hat sich doch eine universale Grundlage für die Diskussion der Menschenrechte als individuelle Rechte etabliert. Das gilt obwohl ihre Gültigkeit durch religiöse, weltanschauliche oder politische Totalitarismen infrage gestellt wird. In den Verfassungstexten formulierte Menschenrechte werden Grundrechte genannt.

Auf die völkerrechtliche Ebene konnte die Diskussion über Menschenrechte erst im 20. Jahrhundert vordringen. Dies erklärt sich aus der Grundstruktur des Völkerrechts als eines Rechts der souveränen Staaten. Der Einzelmensch erhielt durch völkerrechtliche Rechtsnormen weder Rechte noch Pflichten.

Nach dem 2. Weltkrieg setzen die Vereinigten Staaten (UN) die Stärkung der Menschenrechtsidee auf der internationalen Ebene mit Nachdruck durch.

Ein Markstein ist die "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte", die am 10.12.1948 verkündet wurde, allerdings besitzt sie leider nur empfehlenden Charakter.

Dieses Buch sollte jeder Mensch, der lesen kann, besitzen und sich immer wieder mit dem Inhalt befassen, weil er ein ethischer Kompass ist, der das Zusammenleben von uns allen positiver zu gestalten vermag.

Verschenken Sie das Buch sooft wie möglich.

Sehr, sehr empfehlenswert.

Siehe dazu auch: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte: illustriert von Michel Streich.

Überall im Buchhandel erhältlich.

Rezension:Medienmenschen: Wie man Wirklichkeit inszeniert. Gespräche mit Joschka Fischer, Verona Pooth, Peter Sloterdijk, Hans-Olaf Henkel, Roger Willemsen u.v.a (Broschiert)

Die Herausgeber dieses höchst spannend zu lesenden Buches sind Jens Bergmann und Bernhard Pörksen.

Das Buch enthält Interviews mit folgenden Personen: der Schriftstellerin Else Buchheuer, des Schauspielers Mathieu Carrière, des Ex -Außenministers Joschka Fischer, des Moderators Michel Friedmann, des Models Luca Gadjus, des Unternehmers Wolfgang Grupp, des Politikers Gregor Gysi, der Box-Weltmeisterin Regina Halmich, des Künstlers André Heller, des Publizisten Hans-Olaf-Henkel, des EKD-Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber, der Künstlerin Oda Jaune, des Steuerexperten Paul Kirchhof , des PR- Beraters Klaus Kocks, des Spiegel-Autors Jürgen Leinemann, des Fernsehkochs Tim Mälzer, der Politikerin Andrea Nahles, der Fussball-Legende Günther Netzer, der Geschäftsfrau Verona Pooth, der Schauspielerin Anouschka Renzi, der Politikerin Claudia Roth, des Gesellschaftreporters Paul Sahner, des Publizisten Frank Schirrmacher, des Philosophen Peter Sloterdijk, des DGB- Vorsitzenden Michael Sommer, des Satirikers Martin Sonneborn, des Sport-Idols Franziska van Almsick, der Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen, des Publizisten Alexander von Schönburg und der Publiszisten Roger Willemsen.

Worum geht es?

Thema des Buches, so erfährt man in der Einleitung, ist die Reflexion der eigenen herausgehobenen Rolle im Spiegelkabinett moderner Medien. Die Interviewten erteilen Auskunft über sich und ihre Images, über die Gepflogenheiten der Inszenierungsgesellschaft , über das Geschäft mit der Prominenz und seinen Preis. Die Herausgeber fassen zusammen, dass das Ergebnis der Gespräche subjektive Medientheorien sind, die auf Erfahrungswissen basieren. Dabei sind sich alle Befragten darin einig, dass die Medien als Wirklichkeitmaschinen funktionieren , mithin die Wahrnehmung der Welt prägen, sogar eine eigene Welt mit ihren Gesetzen und Gebräuchen, ihre Figuren und Mythen schaffen, vgl.. S. 13. Ebenfalls gemeinsam ist allen , die man interviewt hat, die Überzeugung, dass die Medien mächtig, sogar übermächtig sind, dass die Macht schaden aber auch nützen kann, man aber das Spiel mitspielt, dessen Regeln man zwar kennt, dessen Verlauf man allerdings im Detail nicht vorhersagen kann.

Das Fernsehen im Besonderen wird als "gnadenloses Entlarvungsmedium" eingeschätzt. Überraschungen, Brüche, Extreme, inhaltliche Debatten werden in persönliche Auseinandersetzungen und reine Machtkämpfe verwandelt. Dadurch wird der Eindruck erzeugt, dass ein Streit in einer Demokratie an sich etwas Skandalöses sei. Der Philosoph Peter Sloterdijk spricht nicht zu Unrecht von einer "Erregungsgemeinschaft".

26 junge Journalistikstudierende haben dieses Buch gemeinsam mit Professor Pörksen und dem Redakteur Jens Bergmann auf den Weg gebracht und die oben genannten Personen der Mediengesellschaft interviewt.

Über die Studierenden erhält man im Autorenverzeichnis jeweils Kurzinfos und einen visuellen Eindruck.

Zu allen Befragten liegen Kurzbiografien und Fotoporträts vor.

Es ist unmöglich an dieser Stelle die einzelnen Interviews zu hinterfragen und detailliert aufzuzeigen, weshalb sich Mathieu Carriére als Guerillakämpfer auf dem Boulevard sieht, wieso Joschka Fischer glaubt als Politiker den "Regentanz" beherrschen zu müssen und ob sich Wolfgang Grupp nicht irrt, wenn er meint, dass eine Person , die ehrlich ist, die Medien nicht zu fürchten brauche.

Von allen Interviews fand ich das Interview des von mir sehr geschätzten Jürgen Leinemanns am ergiebigsten. Er sagt an einer Stelle: " Inszenierungen und symbolische Rituale können für Zuschauer auch hilfreich sein, weil sie die komplexen Zusammenhänge in Bildern verdichten." Aufgabe des Journalisten ist nach seiner Ansicht die Inszenierungen zu erklären. Diese nämlich seien nicht selten Zuspitzungen und Personalisierungen. Leinemann hält sie grundsätzlich für legitime Mittel, um eine ebenso bedeutsame wie komplizierte Entwicklung zu vereinfachen und zu erklären. Der Journalist unterstreicht, dass es dann gefährlich wird, wenn die Vereinfachung zum Selbstzweck entartet.

Der Philosoph Sloterdijk ist überzeugt, dass jeder echte Star jede Umwelt in ein Publikum verwandelt. Sich selbst hält er für einen Stern von der kleineren Sorte. Ich fand den intelligenten Dialog zwischen Sugárga Sielaff und Sloterdijk amüsant, verdichtet in der Frage Sielaffs: "Ihr Sprachstil ist durch überbordenden Methapherreichtum geprägt. Sollten sich philosphische Gedanken nicht eigentlich durch größtmögliche Klarheit auszeichnen? Frei nach Wittgenstein: Alles , was sich sagen lässt, lässt sich klar sagen?" und in der Antwort Sloterdijks:" Ich halte meinen Stil für sehr klar, wenn er auch hin und wieder bebildert ist. Aber Bilder sind auch Klarheiten, nur in einem anderen Aggregatszustand. Außerdem gibt es kein Klarheitsmonopol und daraum beteilige ich mich nicht an dieser Debatte."

Sehr schön aus der Affäre gezogen.:-)) Sloterdijk ist eindeutig ein Stern der größeren Sorte, wenn es um die Inszenierung seiner Medienwirksamkeit als Philosoph geht. Er ist gelassen genug, sich die Erregungsgemeinschaft vom Hals zu halten und sich ihr nicht anzudienen. Das unterscheidet ihn eindeutig von den Sternen kleiner Größe.

Ein lesenswertes Buch.

Auf meinem Rezensionsblog habe ich mir erlaubt, die Kurzbiographie Peter Sloterdijks aus dem Buch zu zitieren, um zu veranschaulichen, wie komprimiert man Lebensdaten einer Person darstellen kann.

Rezension:Zentral-Asien: Untersuchungen zu den Gebirgsketten und zur vergleichenden Klimatologie. Das Reisewerk zur Expedition von 1829: Untersuchungen zu den ... Das Reisewerk zur Expedition von 1829 (Gebundene Ausgabe)

Alexander von Humboldt ( 14. 9. 1769- 6.5. 1859) wurde zum Inbegriff des Pioniergeistes eines ganzen Jahrhunderts. Er war Naturwissenschaftler, Völkerkundler, Historiker, Archäologe...aber auch Abenteurer.
Seine Vielseitigkeit liegt schon in den frühen Begegnungen mit den bedeutendsten Persönlichkeiten seiner Zeit begründet. Von einer großen Anzahl prominenter Hauslehrer sorgfältig ausgebildet, geschult an den Vorbildern Goethe, Schiller und Georg Forster, brachte der junge Humboldt sehr rasch seine Studien in Frankfurt an der Oder, Göttingen und an der Bergakademie in Freiberg erfolgreich zu Ende.

Gemeinsam mit dem Botaniker Aimé Bonpland unternahm er 1799 bis 1804 seine große Reise nach den spanischen Kolonien Süd- und Mittelamerikas: Er fuhr auf dem Fluss Orinoco, gelangte bis nach Kuba und begab sich entlang der Andenkette bis nach Lima und später nach Mexiko. Er bestieg zahlreiche Berge und erreichte am Chimbarazo, an dessen Gipfel er leider scheiterte, die größte damals erreichte Höhe.

Kartographische Studien, basierend auf genauen astronomischen und barometrischen Messungen, ergänzte er durch Untersuchungen des Erdmagnetismus. Er legte nicht bloß eine riesige Sammlung von Mineralien und Gesteinen der durchreisten Regionen an, sondern führte diese zumeist unter abenteuerlichen Umständen mit sich. Gemeinsam mit seinem Begleiter fand er mehrere hundert bis dahin unbekannte Pflanzen, Muscheln, Insekten, Reptilien und Vögel. Er studierte indianische Sprachen, trieb archäologische Studien und " hieroglyphische Gemälde " der Indios. Als erster nahm er auch, die durch Kolonisten und Indios verschuldeten Umweltveränderungen wahr.

All dies hielt er in seinem riesigen Reisewerk fest, mit dem er die Geophysik und die Pflanzengeographie begründete. 1929 begab er sich dann auf seine " Asiatische Reise ". Humboldt reiste damals über das Baltikum und Moskau und im Stil eines russischen Gouverneurs - die Kaleschen legten in 25 Wochen 15400 Kilometer zurück - bis zum westlichen Posten der chinesischen Mongolei. Aber die Militärseskorte und die Spitzel des Zaren waren ihm so lästig, dass er die Einladung zu einer zweiten Reise ausschlug. Zu den hervorragenden Eigenschaften des liberal gesinnten Humboldt zählte seine Unabhängigkeit.

Das vorliegende über 900 Seiten umfassende Buch, mit vielen Fußnoten und einen beeindruckenden Literaturverzeichnis ist das Reisewerk zu dieser Expedition von 1929, das später in die Darstellung des gesamten Wissens über die Erde( " Kosmos " ) eingegangen ist. Der 3 bändigen Reisebeschreibung sind Reiseeindrücke seines Begleiters Gustav Rose und private Briefe Humboldts, die dieser während der Expedition verfasste, vorangestellt.

An seinen Bruder schreibt er im Juni 1829 " So sind wir denn ohne Unfälle , teurer Bruder, in Asien angekommen. Seit 6 Tagen sind wir im Ural, die asiatische Grenze hat freilich einiges Ansehen der Tegelschen Heide, aber mit denselben Bestandteilen sind doch die Wälder gruppiert........ Eine solche Reise, eine solche Ansicht so vieler Völker , Tataren, Baschkiren, Waiketen, Wogulen, Kalmüken, Kirgisen, Bukharen wird angenehme Erinnerung hinterlassen..." Das tat sie denn auch, wie sein umfangreiches Reisewerk dokumentiert.
Im Rahmen von drei Bänden über Zentral-Asien befasst er sich mit Untersuchungen über die Gebirgssysteme und die vulkanischen Phänomene im inneren Asiens, beschreibt alles, was er sieht - sehr packend übrigens -, benennt u .a. die Steppenländer und nimmt dazu Stellung und stellt wissenschaftliche Betrachtungen über die Temperatur und die Feuchtigkeit der Luft in einigen Teilen von Asien, insbesondere im asiatischen Russland an.

Humboldt hat u.a. in gemeinsamer Arbeit mit seinen Begleitern auf der Reise vom Ural und dem Altai bis zum Kaspischen Meer die geognostische Beschaffenheit des Bodens untersucht und durch barometrische Messungen die Beziehungen zwischen Erhebungen und Senkungen ermittelt, zudem die Veränderungen des Erdmagnetismus auf verschiedenen Breitengraden( insbesondere die Zunahme der Inklination und der Intensität der magnetischen Kräfte), die Temperatur im inneren des Erdballs, den Feuchtigkeitsgehalt der Atmosphäre, die astronomischen Positionen einiger Orte und die geographische Verbreitung von Pflanzen und mehrerer wenig untersuchter Gruppen der Tierwelt festgehalten. Im Buch enthalten ist u.a. auch die bemerkenswerte Rede, die Alexander von Humboldt im November 1829 in der außerordentlichen Sitzung der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu Petersburg hielt und in der er Stellung zu seiner Expedition nimmt.

Einblicke erhält man in handschriftliche Aufzeichnungen Humboldts, und in seine mineralogischen, botanischen, zoologischen, ethnologischen und philologischen Sammlungen. Zudem kann man altes Kartenmaterial sichten.
Professor Oliver Lubrich hat das Werk neu bearbeitet und herausgegeben. An dieser Stelle eine kritische Beurteilung zu wagen, wäre vermessen. Das Buch ist eine Lebensanschaffung, in der es sich immer wieder zu lesen lohnt, nicht zuletzt , weil hier dokumentiert wird , wie unerforscht vor noch nicht allzu langer Zeit unsere Erde war, die durch die Globalisierung in den letzten Jahren auf merkwürdige Art zusammengeschrumpft ist und ihre Geheimnisse immer rascher preis gibt.
Ob Humboldt dies bedauert hätte, sei dahingestellt.

Rezension:Die Varusschlacht: Rom und die Germanen (Gebundene Ausgabe)

Dr. Peter Ralf Märtin beleuchtet in diesem Buch facettenreich die Varus-Schlacht im Teuteburger Wald, die dort im Herbst des Jahres 9 n.Chr. stattfand. In einer dreitätigen Schlacht vernichteten die Cherusker unter der Führung von Armenius im Teuteburger Wald die Legionen des römischen Stadthalters Varus, der sich in der Folge das Leben nahm.

Nach der Niederschlagung der Aufstände in Pannonien und Dalmatien hatte Rom seine Schutz und Bündnisverträge mit den germanischen Stämmen zwischen Rhein und Weser aufgekündigt, um auf diese Weise freie Hand zu haben, die germanische Selbstverwaltung zu brechen und das Gebiet fest dem römischen Reich anzugliedern. Im Frühherbst gab Varus nach gescheiterten Verhandlungen mit den Führern der Germanen- den Befehl, das Sommerlager an der Weser zu räumen und in das vier bis sechs Tagesmärsche entfernte Kastel Aliso( Haltern) zu ziehen.

Varus war überzeugt davon, dass die Germanen in so kurzer Zeit kein schlagkräftiges Heer aufstellen können, der Rückzug also ungefährlich sei. Von daher verzichtete er darauf, die Truppen in Gefechtsordnung marschieren zu lassen. Indessen kam sein Riesentross wegen des schlechten Wetters und aufgrund von Straßensperren, die von den Germanen errichtet wurden, langsamer voran als erwartet. Armenius, Sohn des Cheruskerfürsten Sigimir, hatte die Zeit der Verhandlungen genutzt, um die Truppen der Germanen zusammenzuziehen.

Armenius, in Rom erzogen und der römischen Kriegsführung vertraut, überraschte die Römer mit einem überfallartigen Angriff und fügte in unwegsamen Gelände den schwer beweglichen Legionären hohe Verluste zu. Gleichwohl konnte Varus am Abend des ersten Kampftages ein ordentliches Lager aufschlagen. Erst fortdauernde Angriffe auf die Marschkolonne am zweiten und eine offene Feldschlacht am dritten Tag führten zur Vernichtung der Römer, die von den Germanen niedergemetzelt wurden. Nur wenige, primär Reitern- gelang die Flucht nach Aliso ( Haltern). Mit dieser Niederlage wurden die Römer wieder auf die Grenzlinie an den Rhein zurückgedrängt. Nachdem Märtin die Details dieses Geschehens ausgiebig ausgelotet hat, macht er deutlich, wie der abtrünnige Auxiliaroffizier Armenius der deutsche Held Hermann wurde.

Diese Verwandlung setzte bereits durch den deutschen Ritter Ulrich von Hutten ein, der in Armenius sein großes Vorbild gefunden hatte und den Sieger der Schlacht am Teuteburger Wald "Zum ersten deutschen Helden und Vaterlandsverteidiger" formte und damit einen nationalen Mythos stiftete. In der NS-Zeit wurde der "Armenius-Dialog" Ulrich von Huttens in die Schulbücher aufgenommen. Märtin schreibt, dass unter dem Aspekt der Rassengeschichte die "Schlacht am Teuteburger Wald" eine neue Bedeutung gewann. Sie stellt nun die Grundlage für das nationalsozialistische Konzept der rassischen Reinheit als Voraussetzung für den Wiederaufstieg des deutschen Volkes dar.

Nach 1945 wurde dieser Mythos ad absurdum geführt. Dabei bringt es Märtin auf den Punkt."Zur Wiederbelebung des von konservativer Seite geforderten Nationalstolzes ist Arminius ungeeignet- heute, wo sich "Germania" und " Italia" als engste Freundinnen in den Armen liegen, ist das Vorbild vollends überholt."
Bemerkenswert finde ich übrigens, dass die beiden "Helden" der Deutschen Siegfried und Armenius von ihrer eigenen Verwandtschaft umgebracht wurden. Über diesen Sachverhalt zu diskutieren finde ich sehr spannend.

Ein sehr ausgewogenes Buch, das sich von jeglichem Heldenmythos um Armenius abgrenzt.